Dienstag, 27. November 2012

Die Problematik der Kastrationsnarben

Ich habe im Beitrag Vorstellung meiner Pferde ausführlich beschrieben, dass die störenden Kastrationsnarben meines Friesen sehr viel schlechtes auslösten!

Da er erst mit 8 Jahren kastriert wurde, hat er in der Leiste links und rechts je eine inwendige Narbe, da dort zugenäht werden musste. Die linke Narbe hat gewuchert, und es ist wahrscheinlich ein sogenanntes Keloid entstanden.

Seine HH hatte keine Energie mehr und das alles zog eine Kette von Bewegungsmustern mit sich, die nur so von Problemen strotzte. Durch diese Problematik wurde mir die Wichtigkeit der Gymnastizierung erst richtig bewusst. Alles schreit nach Blockaden da, Blockaden dort, Physio und Ostheo müssen kommen und alles wieder lösen oder einrenken....

Wenn dem so ist, ist reiten des Pferdes doch einfach schädlich fürs Pferd?? Wir reiten es schief, und dann muss es wieder gerichtet werden, damit wir es wieder benutzen können bis es wieder schief, verdreht und blockiert ist....

Wenn dem wirklich so ist, da habe ich mir geschworen, hör ich auf zu reiten!!

Dem ist nicht so! Es ist die Gedankenlosigkeit der Menschen. Man kauft sich ein Pferd, nachdem man wieder angefangen hat zu "reiten", ein ausgebildetes, denn dann muss man ja nichts mehr machen, es kann ja alles..... einfach draufsitzen und los! Man wundert sich dann, wenn das Tier anfängt zu bocken,  Ohren anlegt beim satteln, nach einem tritt, Kopfscheu wird. Dann stimmt etwas mit dem Tier nicht. Es ist unerzogen, fordert einem heraus, möchte der Boss sein usw.

Wenn ich dann diese Tiere ansehe, dann weiss ich sofort, wo das Problem sitzt. Sie haben nicht die richtigen Muskeln am richtigen Ort und es autscht einfach überall! Jetzt können die das Defizit in jungen Jahren noch irgendwie wegstecken. Wenn man den Hengst Hengst lässt steckt er das nocheinmal weg, da seine höhere Körperspannung und Präsent das übertönt, aber irgendwann kommt es raus!

Reiten soll ja ein Sport sein. Für wen??? Für Mensch und Pferd, oder? Also, wer regelmässig Sport betreibt, sollte auch trainiert sein. Wieviele Reiter arbeiten an sich, an ihrem Sitz, unabhängige Zügelhilfen usw. Und wieviele trainieren ihr Pferd wirklich seriös?

Ich behaupte, die meisten Reiter überfordern ihr Pferd andauernd, wenn sie jeden Tag 1 bis 2 Stunden reiten. Denn sie trainieren ihre Pferde nicht darauf. Gymnastizierung, Stangenarbeit, longieren, Bodenarbeit liegen brach, dabei wäre das alles sehr wichtig. Defizite beim Pferd erkennen, und diese trainieren, wer macht das?

Ich gebe auch ganz offen zu, ich habe mein Pferd auch überfordert, und ich schäme mich noch heute dafür! Das Schlimmste für mich war, dass ich kein Fachmann fand, der mir eine gescheite Antwort darauf gab, was mit Jan los war. Sie fanden ihn alle okay, der Rücken war für einen Friesen okay, sie sind halt schwierig zu reiten und stur.....

Sie sind nicht stur, aber sie springen nicht über ihren Schatten. Wenn etwas nicht stimmt, machen sie dicht!

Bei Jan habe ich gesehen, was passiert, wenn man die natürliche Schiefe nicht korrigiert. Er ist links gebogen. Das heisst, seine linke Muskulatur ist verkürzt. Die rechte Muskulatur ist verspannt, da sie ja der verkürzten Muskulatur auf der linken Seite entgegen halten muss.

Da die Narben seine Energie in der Hinterhand nahmen, kam diese Schiefe nach der Kastration wieder zurück, und ich hatte fast keine Chance, diese zu beheben. Ich merkte nur eins, er wollte keine Last hinten aufnehmen. Er bekam auch einen leichten Schweifschiefstand. Wohl bemerkt, all diese Problematiken waren mimim, darum wurde ich auch bisschen belächelt, ich solle mir keine Gedanken machen, aber ich wusste dass was nicht stimmte, ich schaute doch jetzt nicht einfach weg, bis das Problem so gross ist, dass man nur schon beim anschauen des Friesen autsch denkt. Ich sehe schon zuviele Friesen, die so aussehen! Meiner muss das nicht mitmachen!

Mein Bauchgefühl sagte mir immer stärker, dass es an der Kastrationsnarbe liegen muss! Erst muss wieder Energie in die Hinterhand und dann können wir mit dem Training beginnen. Mit der richtigen Gymnastik bringt man auch der Energiefluss wieder zum fliessen, Blockaden lösen sich und man kann aufbauen. Bodenarbeit, reiten, longieren sollten immer sinnvoll und gymnastisch wertvoll sein, damit dann erst gar keine Blockaden mehr entstehen, oder dass man sie schnell wieder beheben kann.

Gut, verschiedene kamen mit teilweise sehr abenteuerlichen Entstörungsmassnahmen. Aber keine brachte was. Ich war langsam verzweifelt, und fühlte mich so ziemlich hilflos. Somit fragte ich wieder einmal Onkel google abendlang über die Entstörung von Narben. Irgendwann stiess ich auf  Akupressur nach Penzel. Dann auf die APM-Narbenentstörungssalbe.

Ich rief eine Therapeutin an und sie meinte, ich solle dann nicht erschrecken, denn wenn die Narben stören, kann alles stark anschwellen. Ich dachte mir, jaja, schöne Worte, die ich schon sooo vielmal gehört habe. Wäre schön, es würde sich mal etwas bewahrheiten.....

Ich rieb alles schön mit der Salbe ein und machte mir aber nicht grosse Hoffnungen. Am nächsten Tag war alles stark angeschwollen! Jan kam mir entgegen, und ich sah, dass er sehr verändert war. Er lief geschlossener und war aufgeweckt. Auch erschien er grösser! Ich sah, dass der Rücken beim Lumposakralgelenk angehoben war!

Tatsächlich, der Anfang war gemacht!! Ich glaubte es fast nicht. Das Aufbautraining konnte starten!!
Jetzt war wichtig, ja keine Überforderung. Wie schnell die zustande kommt, musste ich bald feststellen!! Und bei Ueberforderung machen die Muskeln wieder dicht!

Ich strich erst noch regelmässig die Salbe ein, und bald war nichts mehr geschwollen und ich konnte nur noch mit den Meridianen ausstreichen weiterfahren. Der kleine Kreislauf. Der bringt den Energiefluss wieder in Gang.

 Erst musste ich jetzt die verkürzte Muskulatur dehnen, die das Becken nach unten zog, und somit die linke Hinterhand unter den Bauch treten liess. Wiederum musste ich auf der rechten Seite die verspannten Muskeln lösen. Aber das allerwichtigste war, zuerst das feste Genick zu lösen, denn ohne das geht hinten gar nichts!!!

Da stand ich jetzt vor einer Aufgabe!! All die Verspannungen und das feste Genick das bereitete Jan Kopfschmerzen. Im wahrsten Sinne des Wortes!!! Ja, auch Pferde haben Kopfweh!

Gut, reiten war gestrichen und jetzt war feine Kappzaum Longenarbeit angesagt. Ich teilte sie in ganz kleine Schrittchen auf!

Erstes Ziel, im Schritt konstant tiefer Hals/Kopf. Weder auf Biegung, noch auf aktivieren der HH achten. Ich klickerte zuerst intensiv jedes Hals fallen lassen. Dann clickerte ich nur noch, wenn er drei Schritte Kopf unten hielt, dann 7, eine halbe Runde, eine Runde.

Dann übte ich mit ihm das antraben mit tiefer Kopfhaltung. Antraben, sofort wieder Schritt. Dann antraben paar Schritte usw. Dann war traben in konstanter tiefer Kopfhaltung angesagt.

Weiter kam das übertreten, also das Schulterherein auf dem Zirkel langsam dazu. Aber zuerst musste er ruhig und ganz langsam gehen und ganz bewusst die Hinterhufe dorthin setzen wo sie hingehören.
Es war nicht leicht, da ich ihn am Kopf nicht leicht führen konnte, da er sich immer wieder im Genick fest machte.

Ich liess ihn beim übertreten rechts extra mit dem linken Hinterbein richtig ausscheren, denn so dehnten sich die verkürzten Muskeln. Schon bald liess sich ein kleines Resultat erkennen. Jetzt kam die Gradwanderung, nicht zu übertreiben und auch den Spassfaktor mit einzubeziehen. Da trat ich auch immer wieder ins Fettnäpfchen!

Ich fing jetzt auch an, die HH zu aktivieren und Stellung zu fragen. Es ging immer mehr aufwärts.

Ich habe übrigens vor dem entstören der Narbe auch Jans 125cm lange Mähne auf 90cm gekürzt, weil da eine wahnsinnige Last den Mähnenkamm resp. ein enormer Zug auf dem Nackenband liegt!

Jetzt fing ich Jan wieder langsam an zu reiten. Bald wurde ich auf den Fellsattel aufmerksam und bastelte mir selber einen. Da wurde mir erst so richtig bewusst, dass ich an meinem Sitz noch arbeiten musste, und Jan baute durch das alles plötzlich den Trapezmuskel auf!

Natürlich habe ich auch immer wieder massiert und gedehnt.

Durch diese sehr happige Zeit habe ich soviel gelernt, aber leider auch, wie es um das Wissen steht, unsere Reitpferde gesund zu erhalten! Die, die am halb langen Zügel, gebisslos, mit Pad, Fellsattel oder ohne Sattel durch die Wälder gondeln, tun ihren Pferden genauso wenig Gutes, wie die aggressiven Turnierreiter! Oftmals sind es genau die, die am lautesten über unsachgemässes Reiten schimpfen.

Wenn man ein Pferd besitzt und es reiten möchte, dann braucht es genau das, was es bei anderen Spitzensportlern auch braucht! Gutes Schuhwerk, gute Ernährung, gute psychologische Betreuung, Einfühlungsvermögen ein faires Training, absolut passendes Equipment, coole Freizeitgestaltung und....
der Trainer soll bitte seinen Egoismus so im Zaum halten, dass er damit seinem Partner nicht schadet!

Mich macht es traurig, was ich meistens zu sehen bekomme! Pferde, die nur schon von der Bemusklung mal nicht geritten werden sollten usw. Und genau diese Leute sagen, sie lieben die Pferde! Also mit denen möchte ich nicht gut befreundet sein, denn wie würden sie mich dann wohl behandeln?


Mittlerweile schwillt die Narbe nicht mehr an wenn ich sie eincreme, aber ich habe gemerkt, dass sie trotzdem leicht stört, und somit werde ich sie immer eincremen. Diese Creme ist ja auch zur Narbenpflege gedacht.


Leider bringe ich es wiedermal nicht zu Stande, beide Fotos nebeneinander zu stellen :-(
Nebenstehendes ist vom April 2012. Er ist dünn, beim Halsansatz sieht man ein Loch, Trapezmuskel ist weg, abfallende Kruppe, sehr vorhandlastig. Ganze Oberlinie lädt zu wünschen übrig.






Ein Jahr später, er hat zugenommen, die ganze Oberlinie hat sich sehr gebessert. Kruppe ist rund geworden, das Loch beim Halsansatz ist verschwunden, Rücken ist angehoben, weniger vorhandlastig.

Bauchmuskeln müssen noch besser werden und vorne Brustkasten hebt er noch nicht gut an. Aber das sind wir am trainieren. Es ist einfach enorm, was wir für unsere Tiere tun können, wenn wir denn nur wollen und unsere WILLmännlein wegschicken ;-)



Ich würde mich sehr freuen, wenn jemand der ähnliches erlebt hat, seine Erfahrungen dazu schreiben würde!

1 Kommentar:

  1. Hallo,
    das was du beschreibst, kenne ich auch! Ich habe das Thema mal aus zwei unterschiedlichen Sichtpunkten betrachtet. Vielleicht ja auch für dich interssant: https://lilith16.wordpress.com/2016/06/24/das-kastrationstrauma-blockaden-der-energiemeridiane/

    VG, Lilith

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